Die ehemalige Genossenschaftsbrauerei Blankenstein in Labiau / Polessk


Geschichtliches

Genossenschaftsbrauerei Labiau
Genossenschaftsbrauerei Labiau

Mit der Kulturgeschichte Preussens eng verknüpft ist die Geschichte des Bierbrauens. Im ehemaligen Ostpreussen trifft das ganz besonders auch für die alte Ordensstadt Labiau zu, die sich hier über die Jahrhunderte einen besonderen  Ruf erworben hat. 

 

Bei dem monumentalen Gebäudekomplex im Rahmen des Projektes „Von Küste zu Küste“ handelt es sich um ein solches Relikt aus Vorkriegszeiten, um die ehemalige  Brauerei Blankenstein in Labiau /Polessk. Gründer dieser Großbrauerei mit eigenen Brunnen nahe der mächtigen alten Ordensburg und dem Ufer der Deime gelegen, war der  Unternehmer Arthur Blankenstein. Vom Gründungsjahr 1840 bis zu ihrer Stilllegung 1945 erlebte diese Brauerei eine richtige Erfolgsgeschichte. Nach anfänglicher Braunbier-Produktion stellte man unter Leitung seines Sohnes rasch auf ober- und untergärige Biere um, so auch das berühmte Labiauer Märzen. 1913 in eine Genossenschaftsbrauerei umgewandelt, produzierte die Brauerei ab 1915 nach einer umfassenden Modernisierung auch Selters, Limonaden, ab 1925 auf dem Gelände eine kleine Likör-und Spirituosen-Fabrik. Anfang 1945 beschäftigte die Brauerei noch 48  Arbeiter und Angestellte.

Tatsächlich wurden danach auch unter russischer Leitung bis zur endgültigen Stilllegung im Jahr 1957 Biere und Limonaden produziert.

Während der folgenden Jahrzehnte verfiel das riesige Gebäude sichtbar, das weitläufige Betriebsgelände mit den Brunnen verwahrloste zunehmend. 

erste Aufräumarbeiten in den Gewölben
erste Aufräumarbeiten in den Gewölben

DER NEUANFANG

Es war ungefähr im Jahre 2015, als sich ein junger Unternehmer in das alte Gemäuer, teils schon ohne Türen und Fenster und sichtlich verfallen,  verliebte - Alexander Natalich, Sohn von Inessa Natalich, der Direktorin des Museums Alte Dorfschule.

Alexander erwarb das alte Gemäuer aus Eigenmitteln und mit wenigen Arbeitern machte er sich an die notdürftige Sicherung der Fassaden und Restaurierung der großen Innengewölbe des mehrgeschossigen Gebäudes. Er träumte, wie einst in der Brauerei Blankenstein, in einem Teil des Komplexes mit einer Brennerei für Spirituosen zu beginnen. Schnell war aber klar, dass die gigantischen Ausmaße des Gebäudekomplexes seine Möglichkeiten überstiegen. Erste Förderanträge an Partnerstädte brachten keinen Erfolg. 

erste Vorbereitungen an einem der Eingangsportale
erste Vorbereitungen an einem der Eingangsportale

Zur GEGENWART

Im Jahr 2017 kam es dann zu einer Wende, Alexander konnte die Regionalverwaltung als Partner für diese „Großbaustelle“ gewinnen. Gemeinsam plante man dann in Richtung einer Begegnungsstätte für alle Bürger, das unübersichtliche Werksgelände sollte in einen Bürgerpark und für Veranstaltungen erschlossen werden. Weiter gab es aus Moskau einen Zuschuss für die Ausgestaltung einer der großen Hallen als Informationssaal und geselliger Treffpunkt für Verkostungen u.a.m.

 

Der endgültig sichtbare Durchbruch kam im Jahr 2019, als die Regionalverwaltung Polessk gemeinsam mit der Regionalverwaltung Klaipeda in Litauen  mit ihrem grenzübergreifenden Projekt  «Von Küste zu Küste» -  als Gewinner aus dem internationalen Wettbewerbs für grenzüberschreitende Zusammenarbeit «Litauen-Russland» hervorging. Dank der schon zwei Jahre zuvor unter Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung und im kulturellen Bereich engagierten  Gruppen erfolgten breit angelegten Gebietsstudie konnten viele der gemeinschaftlich erarbeiteten Teilziele für die erste Phase dieses langfristig angelegten Projektes bereits umgesetzt werden.

Gruppenfoto mit  Helfern
Gruppenfoto mit Helfern

So hat sich aus der ehemaligen Brauerei Blankenstein heraus inzwischen ein lebendiges Ressource-Zentrum entwickelt -  in einen regionalen Motor für Begegnung und Beratung  touristischer Initiativen und Projekte. Für Ausstellungen und Führungen, Workshops, öffentliche Vorträge und kulturelle Veranstaltungen konzipiert und  ausgestattet, wurde das Zentrum bereits von über 500 Personen besucht. Für die örtliche Bevölkerung wurde ein Lernprogramm in den Bereichen Gastgewerbe und Tourismusmanagement entwickelt und ein Projekt für Bürgerreiseführer realisiert.

 

Mit anderen Worten – es bestehen gute Chancen, dass der Erfolgsgeschichte der Brauerei Blankenstein eine Erfolgsgeschichte des neuen Ressource-Zentrums für regionalen und regionenübergreifenden ländlichen Tourismus folgen wird.

 

 Und was macht Alexander gerade so? Zusammen mit seinem Bruder Maxim renoviert er weiter an einigen der zahlreichen noch vorhandenen Baustellen. Für dieses Jahr steht noch die Instandsetzung des schadhaften Daches auf dem Plan. Für die nahe Zukunft soll dann auch der Traum Alexanders von einer eigenen kleinen Brauerei / Brennerei? Wirklichkeit werden.


Alle Impressionen im Überblick